- Tango
- Tan|go ['taŋgo], der; -s, -s:
(aus Südamerika stammender) Tanz in langsamem Zweiertakt mit synkopiertem Rhythmus:einen Tango tanzen, spielen.
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Tạn|go 〈m. 6〉 aus einem argentin. Volkstanz hervorgegangener europ. Gesellschaftstanz im langsamen 2/4-Takt [span.-südamerikan., vermutl. kongoles. Herkunft]* * *
Tạn|go, der; -s, -s [span. tango, H. u.]:aus Südamerika stammender Gesellschaftstanz in langsamem 2/4- od. 4/8-Takt mit synkopiertem Rhythmus.Dazu:Tạn|go|tän|zer, der;Tạn|go|tän|ze|rin, die.* * *
Tango,1) Im weiteren Sinne in zahlreichen Ländern Lateinamerikas anzutreffende historische und gegenwärtige Lied- und Tanzformen (z. B. Cuban tango, Tango brasileiro); eng verwandt beziehungsweise identisch mit Contradanza cubana, Habanera, Maxixe und anderen Typen durch gemeinsame Rhythmusfiguren (siehe Notenbeispiel zu Habanera); Geradtaktigkeit und achttaktigen Formaufbau bei Drei- und Zweiteiligkeit (Einfluss der europäischen Polka).2) Im engeren Sinne ein aus Argentinien und Uruguay (La-Plata-Gebiet) stammender Gesellschaftstanz, heute Standardtanz im Turniertanzprogramm.Die Herkunft des Wortes »Tango« ist ungewiss. Erste schriftliche Belege nach 1800 sagen aus, dass es als Synonym für Feste und Belustigungen der versklavten Afrikaner gebraucht wurde, und zwar in Südamerika, aber auch in Kuba. Die für den späteren Tango bestimmenden rhythmischen Figuren sind in vielen anderen afroamerikanischen Liedern und Tänzen auf dem gesamten Kontinent anzutreffen.Die Herausbildung des Tango begann im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts in Buenos Aires. Nach Beendigung des Krieges gegen Paraguay 1876 setzte ein riesiger Einwandererstrom aus Europa ein, gleichzeitig zog ein Teil der Landbevölkerung auf der Suche nach besseren Lebensmöglichkeiten in die argentinische Metropole (Gesamtbevölkerung Argentiniens 1852 1,2 Mill., 1895 schon 3,6 Mill., davon über eine Million in Europa gebürtig!) — ein Nationalitätengemisch, vergleichbar mit der Situation in New Orleans zurzeit der Entstehung des Jazz. Musikalisch gesehen bot sich eine immense Vielfalt: Polkas, Mazurkas, Walzer, Xotis aus Mittel- und Osteuropa, Kontertänze, Quadrillen und ihre kreolischen Varianten, Lieder und Tänze aus dem Mittelmeerraum (besonders aus Italien und Spanien), kubanische Musik, die Musik der Candombe-Gruppen und die argentinische Musik der Pampas mit den Cifras, Cielitos und Estilos. In diesem Umfeld formte sich der Tango. Seine eigentlichen Quellen bilden die Habanera beziehungsweise der Tango andaluz (Melodik), der afroargentinische Candombe (Rhythmik) und die Milonga (Choreographie). Obwohl es schon kurz vor der Jahrhundertwende einen weitgehend eigenständigen Tango-Musizierstil gab, wurde der Name Tango noch längere Zeit als Synonym für Habanera und Milonga benutzt. Die frühen Tango-Ensembles bestanden aus Triobesetzungen mit Violine, Gitarre und Flöte; gegen Ende des Jahrhunderts kam das aus Deutschland importierte Bandoneon hinzu, womit das klassische Tango-Orchester geboren war. Zu den frühen namhaften Bandleadern gehörte Vicente Gréco (1888-1924) mit seinem Orquesta Típica Criolla. Einer der ersten Tangos, der auch international Durchschlagskraft bewies, war »El Chóclo« (1905) von Angel Gregorio Villoldo (1868-1919), genannt »El Papa del Tango criollo«. Mit diesem und anderen »Originaltangos« begann schon bald nach der Jahrhundertwende ausgehend von Paris der Siegeszug des Tango in Europa. Hier war es vor allem der französische Tanzlehrer Camille de Rhynal, der durch eine entsprechende Choreographie aus dem argentinischen Volkstanz einen Gesellschaftstanz schuf. 1907 veranstaltete er ein erstes erfolgreiches Tangoturnier in Nizza. Mit dem Tango und dem etwa gleichzeitig propagierten brasilianischen Maxixe kam ein Hauch pseudoromantischer Exotik auf das Tanzparkett, und es fehlte nicht an staatlichen und kirchlichen Verboten solcher »verwilderter Tanzsitten« und »unschicklicher Negertänze«. Dabei bezog man sich einerseits auf die Herkunft des Tango aus den Vergnügungslokalitäten und Bordellen der Hafen- und Randgebiete von Buenos Aires, andererseits auf die eng umschlungene Tanzhaltung und die zum Teil obszönen Bewegungen (ein Relikt der Milonga). Dennoch war der Siegeszug des Tango nicht mehr aufzuhalten. Bis etwa 1912 hatte er sämtliche europäischen Metropolen erobert und behielt seine Popularität zunächst bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges.Neben Musik und Tanz überrollten bald andere Tango-»Moden« das Publikum: In Paris erfand man die »robe de Tango« (die lange Damengarderobe erhielt einen langen seitlichen Schlitz, der das Bein freilegte — nicht nur modisches Attribut, sondern auch Notwendigkeit, um die Tanzschritte ausführen zu können); anderenorts gab es Tango-Frisuren, Tango-Schuhe, Tango-Parfüm usw. Von London ausgehend wurde der »Tango-Tea« (Five o'clock tea) eingeführt, die ersten Tanzcafés eröffneten. Diese Tango-Flut ist ein frühes Beispiel weit verzweigter kommerzieller Verwertung einer Form der populären Musik.In seiner südamerikanischen Heimat nahm der Tango bald eine bestimmende Rolle im Musikgeschehen ein. Der Tanz profilierte sich, auch unter Rückwirkung der europäischen Varianten. Als grundlegende Besetzung der Begleitensembles ist das Orquesta tipica zu nennen, besetzt mit Geigen, Bandoneons, Flöte und Gitarre (später erweitert). Im Prozess der weiteren Profilierung des Tango nach 1920 lassen sich im Gebiet des Río de la Plata drei Typen unterscheiden: Tango-milonga (nur instrumental, stark rhythmisch geprägt), bekanntestes Beispiel: »Boedo« (Julio De Cáro, 1928); Tango-romanza (instrumental oder vokal, lyrischer und melodiöser als der erste Typ, mit romantischen Texten), bekanntestes Beispiel: »Flores negra« (Francisco De Cáro, 1928); Tango-canción (vokal mit Begleitung, stark sentimentaler Charakter).Von Bedeutung war die volkstümliche, zum Zuhören bestimmte Liedform, die bis in die Gegenwart eine typisch argentinische Erscheinung von großer inhaltlicher Spannweite geblieben ist. Spiegelten sich schon in den frühen, vielfach dialektgefärbten Tangoliedern die aus den krassen sozialen Unterschieden erwachsenden Konflikte wider, so spitzte sich dies im Laufe des 20. Jahrhunderts zu. Engagierte Tango-Sänger/Autoren mussten ihr Land verlassen, protestierten mit ihren Liedern aus der Emigration. Daneben spaltete sich (besonders nach Einführung der Massenmedien) eine gemäßigte, aber dennoch lebensnahe, auch gesellschaftskritische Tango-Liedform ab, deren populärster Vertreter Carlos Gardél (1887-1935) wurde. Einflüsse des Jazz (Swing) und der internationalen Tanzmusik mischten sich mit den traditionellen Elementen, verdrängten sie sogar zeitweise, sodass es in Argentinien Bestrebungen der nationalen Wiederbelebung der einfachen, unverfälschten Tangopoesie ebenso gab wie künstlerische Stilisierung in orchestraler Form, z. B. durch Astor Piazzolla (1921-1992), der u. a. auch die E-Gitarre in sein Quintett »Tango Nuevo« einbezog.Zu den auch außerhalb des Landes bekannt gewordenen argentinischen Tangos zählen z. B. »La cumparsíta« (Gerárdo Mattos Rodríguez, 1917) und »Adiós muchachos« (Julio César Sanders, 1928). Nach dem Ersten Weltkrieg erschien in Europa — vor allem in Deutschland — auch der Tango wieder, jedoch in veränderter Gestalt. Er war liedhafter, einfacher, weicher in seinem Begleitrhythmus, verhaltener und langsamer im Tempo. Man sprach (im Gegensatz zum vorwiegend instrumentalen Tango argentino vor 1914) vom Tango milonga (man beachte die vom Original abweichende Begriffsbildung). Im Laufe der Zwanzigerjahre assimilierte dieser Tangotyp Merkmale anderer Modetänze (zum Teil sogar Jazzelemente wie Offbeat-Phrasierung). Es entstand eine typisch deutsche Variante — das vielfach sentimentale, pseudoromantische deutsche Tangolied (auch als Tango-Serenade bezeichnet) —, eine Domäne inländischer Autoren, z. B. »Ich küsse ihre Hand Madame« (Ralph Erwin, 1928), »In einer kleinen Konditorei« (Fred Raymond, 1928), »O Donna Clara« (Jerzy Petersburgski, 1930), »Capri-Fischer« (Gerhard Winkler, 1946). Auch die Choreographie wurde verändert: von 1920 bis 1922 fanden in England drei Konferenzen zur Standardisierung der Schritte statt, schließlich erklärte man 1929 die zum Teil noch heute gültigen Kombinationen (unter Einbeziehung von Foxtrott- und Boston-Schritten) für verbindlich. Der Tango gehörte nunmehr zu den Standardtänzen. Mehrere Filme wurden diesem Tanz gewidmet: 1930 »Ein Tango für dich« (Musik: Robert Stolz), 1934 »La Paloma« (Musik: Will Meisel), 1937 »La Habanera« (Musik: Lothar Brühne). Im Bereich der Unterhaltungsmusik entstanden konzertante Kompositionen, die sich bis in die Gegenwart erhalten haben, z. B. »Blauer Himmel« (Joe Rixner, 1936), »Jalousie« (Jacob Gade, 1937), »Tango Bolero« (Juan Llossas, 1938), »Olé Guapa« (Amadeo Malando, Pseudonym des Holländers Ari van Maasland, 1941). Auch während der Nazizeit durfte der Tango (trotz seiner Herkunft) getanzt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor er an Popularität. Dennoch eroberte sich hin und wieder ein Tango (nunmehr meist lustig, oft sogar grotesk) die Hitparaden, z. B. der »Badewannen-Tango« (Gerhard Jussenhoven, 1962) oder der »Kriminaltango« (Piero Trombetta, 1960).In Argentinien blieb der Tango eine dominante Kraft im Ensemble der populären Musikformen, wo er im Verlauf der Siebzigerjahre als Tango rokéro eine überaus populäre Synthese mit der Rockmusik einging. Das Tango-Instrumentarium wurde dabei durch E-Gitarren, Synthesizer und Schlagzeug ersetzt, damit aber ein ganz traditionelles Tango-Repertoire gespielt. Ein Pionier dieser Entwicklung war der Sänger und Gitarrist Litto Nébbia (* 1952), dessen Album »Hommage to Gardél and Le Péra« (1990) weltweit zu einem Erfolg wurde. Auch im Rahmen des Modern Jazz sind in den Siebziger- und Achtzigerjahren, etwa durch das Trio Siglo XXX, Syntheseformen mit dem Tango entstanden, die sich erfolgreich behauptet und die Tango-Kultur um neue Farben bereichert haben.Waren die frühen Tango-Kompositionen oft dreiteilig — heute meist nur noch bei konzertanten Formen (vergleiche Malandos »Olé Guapa«), so wurde schon in den Zwanzigerjahren die Zweiteiligkeit (gleiche Länge von A und B) formtypisch. Harmonisch steht der B-Teil in der Regel bei Dur in der Dominanttonart, bei Moll im varianten Dur. Der Begleitrhythmus zeigt sich heute in zahlreichen Spielarten, notiert im 2/4-(4/8-)Takt, seltener im 4/4-Takt (Schlagertypen). Meist bevorzugt man das gleichmäßige Akzentuieren aller vier Achtel, oft mit einer zusätzlichen Betonung auf dem letzten Sechzehntel (quasi wie eine vorgezogene 1 des zweiten Taktes; Offbeat-Charakter).* * *
Tạn|go, der; -s, -s [span. tango, H. u.]: aus Südamerika stammender Gesellschaftstanz in langsamem 2/4- od. 4/8-Takt mit synkopiertem Rhythmus.
Universal-Lexikon. 2012.